Lernende: Erfolgreich dank Freiräumen

Eine hohe Erfolgsquote bei der Lehrabschlussprüfung ist nur möglich, wenn die Lernenden durch flexible Arbeitsplanung Freiräume erhalten. 

 

«Wenn du willst, dass Lernende gut werden, musst du viel kommunizieren und ihnen Vertrauen schenken. Sie sollen auch mal selbst entscheiden können. Das braucht natürlich Zeit und Flexibilität von Seiten des Arbeitgebers, aber das ist es mir wert», sagt der Bauunternehmer Flavio Torti. 1995 hat er in Reconvilier im Berner Jura die Torti Frères SA in vierter Generation von seinem Vater übernommen. Er beschäftigt 20 Mitarbeitende, darunter vier Lernende. Sein zweitgrösster Erfolg: 2018 stellte die Firma mit Eric Estevez den Schweizer Meister der Strassenbauer. Sein grösster Erfolg: «In meiner Zeit als Patron haben wir jeden unserer Lernenden zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis gebracht. Das war weiss Gott nicht immer einfach.»

Die Strassenbauerlehrlinge Raphael Girod und Dan Lehmann erklären das Erfolgsrezept: «Wir haben eine schöne Ambiance, einen tollen Teamspirit und eine abwechslungsreiche Arbeit. Ausserdem hat bei uns jeder Lernende in den ersten beiden Jahren eine fixe Bezugsperson, die einem alles zeigt und der man immer Fragen stellen kann. So lernen wir schnell und gut.» Wenn es im Winter mal weniger zu tun gibt auf der Baustelle, können die Jungen im Werkhof an ihrem Arbeitsjournal arbeiten und Zeichnungen, Pläne oder Rapporte erstellen.

Auch wer stark im Sport ist, wird bei der Torti Frères SA gefördert. Wie der langjährige Mitarbeiter Quentin Gerber (26), Eishockeyspieler beim 1.-Liga-Verein Tramelan. «Wenn ich mal spät von einem Auswärtsmatch zurückkehre, darf ich am folgenden Morgen ausschlafen. Ich soll fit und entspannt zur Arbeit erscheinen», sagt er. Dafür revanchiert er sich: «Wenn ich mal länger arbeiten muss, tue ich das gerne. Schon früher als Lehrling habe ich immer gute Leistungen erbracht. Und das mache ich weiter so. Es ist ein Geben und ein Nehmen, so lautet unsere Philosophie bei der Torti Frères SA.»

Das grösste Ziel von Flavio Torti und seinem Team: Die hohe Erfolgsquote bei der Lehrabschlussprüfung soll fortgesetzt werden. Deshalb verfolgen sie die LMV-Verhandlungen aufmerksam. Torti erklärt: «Das Arbeitszeitmodell 23+, das der SBV vorschlägt, hätte viele Vorteile. Dazu gehört, dass wir den Lernenden noch einfacher Lernzeit zur Verfügung stellen könnten.» Um das zu ermöglichen, sollten die Unternehmen und die Arbeitnehmenden vor Ort auf der Baustelle und im Betrieb bezüglich Arbeitszeitplanung mehr Freiraum und Möglichkeiten erhalten. Es wäre ein Fehler, auf den heutigen starren Regelungen zu verharren. Mit diesen sollen theoretisch Einzelfälle geschützt werden, doch stattdessen werden dadurch bessere Lösungen für viele ambitionierte Angestellte auf dem Bau verhindert – unabhängig davon, ob diese nun Erfolge in der Lehrabschlussprüfung, an der Berufsmeisterschaft oder mit dem Eishockeyteam anstreben.

Über den Autor

pic

Schweizerischer Baumeisterverband

[email protected]

Artikel teilen